„What we design designs us back.“ Dieser Satz des Techno-Futuristen Jason Silva ist das Motto des DDCAST. Design beeinflusst unser Zusammenleben. So weitermachen wie bisher, das geht nicht; oder wir werden von Krise zu Krise stürzen. Kreativität ist gefragt! Wie können wir mithilfe des Design die Welt neu denken? Dazu bringen wir Woche für Woche starke Stimmen – aus Design, Wissenschaft, Wirtschaft, Politik …
DDCAST Archiv
Folge 101 – 150
Zu den Folgen 01 — 50 Zu den Folgen 51 — 100 Zu den Folgen ab Nr. 151
150 — Carlotta Ludig und Nicola Stattmann // Designbäume für kühlere Städte
149 — Frauke Fischer // Ohne Mücken keine Schokolade
148 — Franz Dietrich // 3-D-Strick & Gutes Leben
147 — Markus Maas // Große Bühne der Kostüme
146 — Nina Sieverding & Anton Rahlwes // FORM FRAGEN 03 // Milano / New Books / Rassismus
145 — Thilo Schwer & Georg-Christof Bertsch // Designlesen – Bücher von Bedeutung
144 — Regine Leibinger // architektur / familie / architektur
143 — Keneilwe Munyai // Knowing how to ask for help
142 — Frank Wagner // Creative Business: in München
141 — Marlene Bruch // Die papplose Pizzapackung
140 — Poonam Choudhry // Designkontext? Interkulturell!
139 — Leyla Acaroglu // Design Disruption
138 — Tobias Adami // Leveraging Creative Friction
137 — Niklas Fiedler // Totalitarismus mit Design begegnen
136 — Ove Petersen // 100% erneuerbare Energie für alle. Jetzt.
135 — Bianca Herlo // Digital Justice. Now.
134 — Kai Vöckler & Peter Eckart // Gemeinwohl & Mobilitätsdesign
133 — Thilo Schwer // Serious Games & Produktsprache
132 — Jochen Rädeker // Design; Management
131 — Michaela Leitner // Fem Facts und Gender Gaps
130 — Ursula Tischner // Eco- statt Ego Design
129 — Fritzi Köhler-Geib & Hannah Helmke // Wege zur ökonomischen Transformation
128 — Carsten Brosda // Kulturpolitische Positionen
127 — Juli Gudehus // Icon Spell: Visuelle Weltsprache
126 — Mona Mijthab // Sozialunternehmerin in Guatemala
125 — Christian Daul // Der Wortarbeiter
124 — Matthias Wagner K // „gestalten wir, wie wir leben wollen!“
123 — Thomas Rempen // Kurt Weidemann zum 100.
122 — Hans Ulrich Reck // Design / Theorie
121 — Uta Brandes // Non Intentional Design
120 — matali crasset // Design, um den Menschen zu dienen
119 — Tanita Klein // Die verformbare Küche
118 — Philipp Thesen // Humanizing Technology
117 — Andreas Muxel, Daniel Rothaug // Creative Engineering
116 — Sebastian Klöß // Wegweiser ins Metaverse
115 — Matteo Thun // Der Großmeister
114 — Ute Clement // Frauen führen besser
113 — Nina Sieverding und Anton Rahlwes // FORM FRAGEN 02 // Boisbuchet / Vienna Design Week
112 — Helge Aszmoneit // Die Design-Bibliothekarin
111 — Kollektiv Plus X (Ezra Dilger, Marvin Schwark u.a.) // Mobiles Forum für direkte Demokratie
110 — Hermann Weizenegger // Der philharmonische Designer
109 — Alexandra Baum // Forschung. Design. Startup. Familie.
108 — Michael Conrad // creativity – off the norm
107 — Hannah Helmke // 1,5° Celsius und 100% Powerfrau
106 — Stefan Weil // create curate collaborate
105 — Lena Jüngst // Zukunftslabor Gastronomie
104 — Sandra Groll // Design: Zwischen Kontingenz und Notwendigkeit
103 — Nina Sieverding und Anton Rahlwes // FORM FRAGEN 01 // Salone Del Mobile 2022
102 — Alexis Dornier // Tektonische Innovation auf Bali
101 — Franziska Ratsch und Oliver Grande // Partizipative Raum-Gestaltung
150 — Carlotta Ludig und Nicola Stattmann
Designbäume für kühlere Städte
Nicola Stattmann arbeitete nach ihrem Diplomabschluss (1997) im Fach Produktdesign an der HBK Saarbrücken und für drei Jahre im Frankfurter Designbüro Uwe Fischer.
Von dort wechselte sie zur Agentur designaffairs, der ehemaligen Siemens Design & Messe GmbH, in München. Dort baute sie ein Materiallabor an der Schnittstelle von Design und Engineering auf und entwickelte gemeinsam mit Kunden innovative Material- und Produktionstechnologien.
2003 machte sie sich mit dem Büro Nicola Stattmann mit Sitz in Frankfurt am Main selbständig. Das Büro ist spezialisiert auf nachhaltige Produktentwicklung und Innovation. Für namhafte Firmen unterschiedlichster Branchen entwickelt es Produktstrategien und -lösungen, die sich durch echte Innovation, Nachhaltigkeit, intelligente Material-Technologie-Kombinationen, gute Gestaltung und technologischen Vorsprung auszeichnen.
Nicola Stattmann ist Autorin mehrerer Bücher zum Thema Neue Materialien und wirkt regelmäßig in Jurys für internationale Design- und Innovationspreise mit. Seit 2006 bekleidet sie regelmäßig Gastprofessuren für Produktdesign an deutschen und internationalen Hochschulen.
2011 gründete Nicola Stattmann mit ihrem Bruder Oliver Stattmann STATTMANN NEUE MOEBEL − ein Spin-off der seit 1876 im Familienbesitz befindlichen Tischlerei. Die Möbelfirma genießt heute internationales Renommee und realisiert mit bekannten Architekturbüros Projekte weltweit. Als Verantwortliche für Produktentwicklung, Markenstrategie und Kommunikation bei STATTMANN besitzt Nicola Stattmann langjährige Erfahrung in Konzeption, Konstruktion und Fertigung von Serienprodukten sowie deren Vermarktung. Die operative Geschäftsführung gab sie 2021 ab.
Aufbauend auf ihrer langjährigen Expertise im Bereich der nachhaltigen Produktentwicklung wendete sich Nicola Stattmann mit Carlotta Ludig 2020 dem Thema der Begrünung städtischer Räume im Kontext des fortschreitenden Klimawandels zu und entwickelten erste Konzepte.
Ein intensiver Austausch über die Konzepte mit relevanten Stakeholdern aus Städtebau, Immobilienwirtschaft, Landschaftsarchitektur und Gartenbauwissenschaften erzielte durchweg positives Feedback. Dies nahmen die beiden Gründerinnen zum Anlass, ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt zu initiieren und darauf aufbauend die Unternehmung OMC°C zu gründen.
Bei OMC°C ist Nicola Stattmann für die strategische Ausrichtung, technologische Entwicklung und Vertrieb verantwortlich.
Carlotta Ludig absolvierte 2020 ihr Diplom im Fachbereich Design an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main.
Bei Auslandsaufenthalten während ihres Studiums, wie z.B. an der Oslo School of Architecture and Design, sammelte sie Erfahrungen in Business Development an der Schnittstelle von Service und Design. Schnell entwickelte sie dafür eine besondere Begeisterung und richtete die weiteren Studieninhalte thematisch daran aus. Auch das Deutschlandstipendium, das sie 2017/18 erhielt, gab ihr die Möglichkeit, den Interessenschwerpunkten Schnittstelle Design und Business weiter nachzugehen.
Bereits seit 2018 arbeitete sie während ihres Studiums im Büro Nicola Stattmann. Schnell stellte sich die Zusammenarbeit zwischen den zukünftigen Gründerinnen als sehr vertrauensvoll und erfolgreich heraus, sodass sie eine geeignete Grundlage für eine engere unternehmerische Zusammenarbeit bot.
Mit Nicola Stattmann eigeninitiativ an einer seriellen Produktlösung für vertikale Begrünung zu arbeiten, bot ihr die ideale Gelegenheit Produktdesign und Geschäftsentwicklung zu vereinen. Gemeinsam entschlossen sie sich als Geschäftspartnerinnen der Brisanz des Themas und sich gleichzeitig aufzeigenden Marktlücke weiter nachzugehen.
2020 erhielt sie das Hessen Ideen Stipendium. Das hessische Gründerstipendium des Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gab ihr mit finanzieller Unterstützung die Möglichkeit in dieser frühen Phase der Unternehmensgründung Vollzeit daran zu arbeiten.
So konnten Nicola Stattmann und Carlotta Ludig innerhalb von 1,5 Jahren ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt mit der Uni Kassel initiieren und durchführen, die ersten Prototypen entwickeln und realisieren, ein großes Netzwerk an Entwicklungspartnern und Berater*innen aufbauen und erste Pilotkunden für 2023 gewinnen.
Bei OMC°C ist Carlotta für die Organisation, Finanzen und Geschäftsentwicklung verantwortlich.
149 — Frauke Fischer
Ohne Mücken keine Schokolade
Dr. Frauke Fischer ist Expertin für Biodiversität, Wissenschaftlerin, Beraterin, Rednerin und Autorin. Sie studierte Biologie an der Johann Wolfgang von Goethe Universität in Frankfurt sowie dem Trenton State College in den USA und diplomierte 1989 an der Universität Frankfurt im Fach Biologie. Für Ihre Promotion wechselte sie an die Universität Würzburg, wo sie im Comoé Nationalpark in der Côte d’Ivoire über Effekte der Überjagung auf Kobantilopen (Kobus kob kob) forschte. Nach Abschluss ihrer Promotion wurde sie Leiterin der Internationalen Forschungsstation der Universität Würzburg im Comoé Nationalpark. Mit dem Ausbruch des Bürgerkriegs in der Côte d’Ivoire im Herbst 2002 wechselte sie an die Universität in Würzburg und baute hier die Lehre im Bereich internationaler Naturschutz auf.
Im Jahr 2003 gründete Frauke Fischer mit der Agentur auf! (www.agentur-auf.de) Deutschlands erste Managementberatung mit dem Schwerpunkt Biodiversität. Im Jahr 2015 gründete Frauke Fischer zusammen mit ihrem Kollegen Dr. Arno Wielgoss PERÚ PURO, um Kleinbauern im abgelegenen Urubambatal in Peru einen fairen Marktzugang für ihren hochwertigen, bio-Urkakao Chuncho zu bieten. Inzwischen bietet PERÚ PURO (www.perupuro.de) prämierte Schokoladen, Kaffeespezialitäten und Paranüsse an.
Sie wurde vielfach ausgezeichnet und in zahlreiche Gremien berufen. Für ihre besonderen Studienleistungen wurde Frauke Fischer 1989 mit dem Eintrag auf die Dean’s List des Fachbereichs Biologie des Trenton State College ausgezeichnet. Im Jahr 2001 erhielt sie den Ford Motor Company Conservation Award. Im Jahr 2018 wurde Frauke Fischer mit dem Albrecht Fürst zu Castell-Castell Preis für nachhaltiges Handeln an der Universität Würzburg ausgezeichnet. 2020 erhielt sie die Trophée de Femme der Fondation Yves Rocher. Mit PERÚ PURO wurde Frauke Fischer im Jahr 2020 für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis nominiert. Ihr Buch „Was hat die Mücke je für uns getan?“ wurde 2021 mit dem deutschen Umweltmedienpreis ausgezeichnet.
Frauke Fischer ist eingeladenes Mitglied der IUCN World Commission on Protected Areas und der IUCN Species Survival Commission. Sie ist berufenes Mitglied des Nachhaltigkeitsausschusses der IHK Frankfurt, des wissenschaftlichen Beirates des WWF Deutschland, der BNP Paribas Stiftung und der Krombacher Regenwaldstiftung.
Frauke Fischer hat über 70 wissenschaftliche peer-reviewed Journal Artikel verfasst. Sie ist Autorin folgender Bücher: „Planet 3.0 Klima. Leben. Zukunft.“ Schweitzerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart (2013), „Der Palmöl Kompass“ Oekom Verlag, München (2019), des Bestsellers „Was hat die Mücke je für uns getan? Endlich verstehen, was biologische Vielfalt für unser Leben bedeutet“ Oekom Verlag, München (2020) und „Wal macht Wetter – wie Biodiversität unser Klima rettet“ Oekom Verlag, München (2023).
Sie ist regelmäßige Speakerin bei großen Veranstaltungen und war in dieser Funktion u.a. zu Gast bei den Baden-Badener Unternehmergesprächen, dem Aufsichtsrat der Commerzbank AG, Uniper Energy, Jägermeister, Axxion S.A., Econsense, EIGA, Lanxess, P&G DACH MO.
Frauke Fischer ist regelmäßiger Gast in Podcasts (Bei Spotify unter dem Suchbegriff „Frauke Fischer“). Seit April 2023 erscheint jeden Mittwoch ihr Wissenschaftspodcast Tierisch!
148 — Franz Dietrich
3-D-Strick & Gutes Leben
Heute stürzen wir uns kopfüber in meine duale Lebens- und Berufsgeschichte. Ich durchschreite gerade mein drittes persönliches und viertes berufliches Leben. Klingt verwirrend? Keine Sorge, es ergibt alles einen Sinn.
Schauen wir zurück: Das erste Kapitel meiner persönlichen Biografie (Jg. 1984), die Kindheit und Jugend, war eine idyllische Zeit voller Sport, bis sich Krankheiten während meines Studiums und der Familiengründungsphase einschlichen. Jetzt befinde ich mich in Kapitel drei, geprägt von Gesundheit, Arbeit, Tochter, Hund Pax – und Zeit für Sport ist endlich wieder mehr da!
Beruflich hatte ich einen entspannten und schönen Start als Zivi in den historischen Gärten Potsdams und danach als Mitarbeiter bei einem Versorgungswerk der Diakonischen Werkstätten (2004–07). Dann begann ich mein Studium zum Produkt- und Industriedesigner, war drei Jahre Tutor für das CNC-Fräsen im Studiengang und stürzte mich noch im Studium in meine erste freiberufliche Selbstständigkeit mit Dienstleistungen für Surface Re-Engineering und CNC-Modellbau.
Teil zwei meines Berufslebens war geprägt vom aufreibenden Betrieb einer eigenen Design-Marke (2012–16). Teil drei brachte eine Kehrtwende: Werkstattleiter für das Produktdesign mit digitalen Medien an der FH-Potsdam und nebenbei Masterstudent als auch, in kleinem Umfang, Freiberufler (2016–18). In meinem Master (2017/18) entwickelte ich ein patentiertes Verfahren zur Bewältigung grundlegender Schwierigkeiten beim Entwurf von 3D-Gestricken aus CAD-Daten. Anschließend hatte ich eine Anstellung als Software-Entwickler bei Karl-Mayer BU STOLL.
Heute, in Runde vier, unterrichte ich freiberuflich und arbeite an diversen Forschungsprojekten mit Bezug zur Software-Entwicklung im CAD. Aktuell bin ich mit Max Eschenbach dabei, X-WRX zu gründen – meine vierte Unternehmung und bin Promovent am ITM an der TU Dresden. Die Promotion dient der vertiefenden Erforschung komplexer FEM-Berechnungsformen für 3D-Gestricke. Unser Plan ist es, unsere Forschungsergebnisse aus insgesamt fast sechs Jahren zu kommerzialisieren. Unser Fokus liegt aktuell auf der Software-Entwicklung für 3D-Planungssoftware für den 3D-Strick. Doch wir sehen uns nicht nur als Unternehmer, sondern auch als Innovatoren, die den Fachkräftemangel mildern und Ressourceneffizienz verbessern wollen.
147 — Markus Maas
Große Bühne der Kostüme
Markus Maas ist seit 2021 Direktor des Kostümwesens bei der Städtischen Bühnen Frankfurt am Main GmbH und zeichnet mit seinen 120 Mitarbeiter*innen verantwortlich für die Geschichten, die uns als Zuschauer*innen im Kontext der Produktionen der Sparten Oper und Schauspiel Frankfurt durch jedes einzelne Kostüm erzählt werden. Die Zuschauer*innen emotional zu erreichen, die Hülle zu einer authentischen Story wachsen zu lassen, ist für ihn die primäre Aufgabe im kreativen Findungsprozess mit Kostümbildner*innen und Darsteller*innen.
Kleidung war für ihn schon immer eine Art Kommunikation; eine Sprache, die uns als Betrachter*in, wie auch als Träger*in viel tiefer berührt als das gesprochene Wort. Um die perfekte Hülle zur mimischen Darstellung zu schaffen, bedient sich das Kostümwesen vieler Expertisen und unterschiedlicher Disziplinen. Diese Qualitäten tiefer zu verknüpfen und immer wieder auf den Prüfstand der Innovation zu stellen, hat er sich zur Aufgabe gemacht.
Am Anfang seiner beruflichen Entwicklung entscheidet sich Markus Maas nicht für das Studium der Mode, sondern für die Ausbildung zum Herrenmaßschneider. Seine mit Auszeichnung abgeschlossene Ausbildung führt ihn in eine neue, fremde Welt: 1991 folgt er dem Ruf ans Theater, um dort zuerst als Herrenschneider und Garderobier in der Kostümabteilung zu arbeiten. In den Folgejahren lernt er die Kostümabteilung in all ihren Facetten intensiv kennen. Nachdem er in Nürnberg seinen Meister mit der Auszeichnung des Meisterpreises der Bayerischen Staatsregierung absolviert hat, arbeitet er ab 1997 als stellvertretender Herrengewandmeister bei der Saarländischen Staatstheater GmbH. Nach knapp drei Jahren übernimmt er als Herrengewandmeister die Leitung der Kostümschneiderei.
Nur zwei Jahre später beginnt er, neben seiner Leitungsfunktion am Saarländischen Staatstheater, seine Tätigkeit als freischaffender Kostümbildner und neun Jahre später als freischaffender Bühnenbildner. Er kreiert Ausstattungen für Oper, Schauspiel, Musicals und Ballett. 2011 übernimmt er die Leitung des Kostümwesens am Saarländischen Staatstheater und wird dort 2014 Direktor des Kostümwesens.
Im Laufe seiner Karriere tauchen immer wieder zwei Themen auf, die ihn besonders bewegen. Im Rahmen seines mehrjährigen, aktiven Engagements in der Lenkungsgruppe des Costume Forum, dem Netzwerk für Vorstände der Kostüm- und Maskenabteilungen auf europäischer Ebene, bestätigt sich im Dialog mit den Kolleg*innen aus aller Welt seine persönliche Erfahrung: das Verständnis für das Kostüm, der Respekt und die Wertschätzung für die Leistungen der Kostümschaffenden fehlt elementar. Unabhängig von geographischer Lage oder der Größe eines Theaters zeichnet sich nicht zuletzt im Gagenvergleich zwischen Bühnen- und Kostümbildner*innen eine gravierende Dissonanz. Markus Maas beschäftigt sich intensiv mit der Frage nach der Ursache für diese Entwicklung und wie wir diesem Zustand heute entgegentreten können. Neben der Problematik des Gender-Pay-Gap steht zudem eine andere ganz grundlegende Frage: Wie arbeiten wir zusammen und wie wollen wir zusammen arbeiten? Das Verständnis von Arbeit als einem immens wichtigen Teil unseres Lebens und die damit verbundene Art der Zusammenarbeit, dem sozialen Gefüge in Unternehmen, in Theatern und Opernhäusern stellt ganz besondere Herausforderungen an Kolleg*innen, wie an Führungskräfte. Was verstehen wir heute unter einer guten Führungskraft? Für die Leitungsebene am Saarländischen Staatstheater entwickelt er ein Konzept zur kreativen Zusammenarbeit auf Augenhöhe und Kultur der Offenheit, um im kreativen „Brain Trust“ durch offenen Meinungsaustausch und Ideen die Kreativkultur des Unternehmens zu fördern und die Geschäftsführung in ihren Entscheidungen zu unterstützen.
Überdies engagiert er sich seit den späten 1990er Jahren für den Nachwuchs im Handwerk und Kostümwesen. So bildet er junge Menschen zum Herrenmaßschneider aus. 1999 wird er vom Ministerium für Wirtschaft in Saarbrücken zum Mitglied des Prüfungsausschusses für das Damen- und Herrenschneider-Handwerk ernannt. 2020 initiiert er den Beginn der Kooperation des Saarländischen Staatstheaters und der Hochschule Trier im Bereich Gestaltung und Kostümbild.
146 — Nina Sieverding & Anton Rahlwes
FORM FRAGEN 03
Milano / New Books / Rassismus
Nina Sieverding und Anton Rahlwes, die Chefredakteur*innen der form, im Gespräch mit Georg-Christof Bertsch.
Im der bereits dritten Folge von „FORM FRAGEN“ reden wir mit den Chefredakteur*innen der Zeitschrift form über die internationale Möbelmesse Salone del Mobile Milano 2023 – und erfahren, was wir darüber noch nicht wussten.
Die beiden nehmen uns mit auf die Backstage der spannenden neuen Publikationen des form-Verlags. Außerdem geht es darum, wie wir als Kommunikationsprofis oder interessierte Besucher*innen – mit rassistischen Ausstellungstücken in Designausstellungen umgehen können / sollen / müssen.
Die form ist eines der traditionsreichsten Designmedien der Welt. Das „Zentralorgan der deutschen Designszene“ erscheint seit 1957. Wir alle sind mit ihr aufgewachsen. Sie kommt aus dem Print. Der DDCAST ist eines der jüngsten Designmedien der Welt. Unser kleiner Podcast ist ein digital native.
Seit 2020 sind Nina Sieverding und Anton Rahlwes Chefredakteur*innen der Zeitschrift form, die sie seitdem wirklich neu erfunden haben. Der DDCAST ging ebenfalls 2020 an den Start. Die form unterstützt den DDCAST. Der DDCAST unterstützt die form.
145 — Thilo Schwer & Georg-Christof Bertsch
Designlesen – Bücher von Bedeutung
Prof. Dr. Thilo Schwer
Thilo Schwer ist Produktgestalter und Designwissenschaftler. Er studierte 1993–2001 an der Schule für Gestaltung in Basel und der HfG Offenbach. 2002 erfolgte mit Sybille Fleckenstein und Jens Pohlmann die Gründung des Designstudios speziell® in Offenbach, das für bekannte Unternehmen im Konsumgüterbereich tätig ist. Die Entwürfe von speziell® wurden mehrfach international ausgezeichnet. Ab 2006 widmet sich Thilo Schwer designwissenschaftlichen Themen. Seine Promotion 2014 an der Folkwang Universität in Essen trug den Titel „Produktsprachen: Design zwischen Unikat und Industrieprodukt“. Seit 2011 lehrt er Designgeschichte, Designtheorie, Designmethodologie und Theorien der Produktsprache – u. a. an der Folkwang Universität der Künste, der Goethe Universität in Frankfurt/Main und der HfG Offenbach. 2019/20 war er Vertretungsprofessor für Produktsprache und Produktdesign an der HfG Offenbach. Seit 2019 ist Thilo Schwer Professor für Designgeschichte und -theorie, ab 2021 Leiter des Instituts für Kunst- und Designwissenschaft an der Hochschule der bildenden Künste in Essen (HBK Essen). Schwerpunkte seiner Arbeit liegen in der Theorie der Produktsprache, der Erforschung von Gestaltungsmitteln im Kontext historischer und zeitgenössischer Entwicklungen sowie in den Methoden des Designs im Entwurfsprozess. Thilo Schwer ist Gründungsmitglied von design inclusion e.V. und Vorstand der Gesellschaft für Designgeschichte e.V. (GfDg). Gemeinsam mit Siegfried Gronert initiierte er die Schriftenreihe der GfDg, die er seit 2021 zusammen mit Melanie Kurz herausgibt (2023: Design für Spiel Spaß Spannung – Gestaltung von Artefakten zum spielerischen Handeln, 2022: Raster, Regeln, Ratio – Systematiken und Normungen im Design des 20. Jahrhunderts, 2021: Designentscheidungen – Über Begründungen in Entwurfsprozessen). 2021 erschien in Herausgabe mit Kai Vöckler „Der Offenbacher Ansatz – Zur Theorie der Produktsprache“, 2022 zusammen mit Melanie Kurz „Geschichte des Designs“ in der Reihe „Wissen“ von C. H. Beck.
Georg-Christof Bertsch
Georg ist Marken- und Kommunikations-Stratege, Veranstalter von Konferenzen, Advisor, systemisch arbeitender Coach. Er ist DDCAST Podcast-Host und Konferenz-Speaker mit Netzwerken in Europa, Asien und den USA. Zusammen mit Annette Bertsch ist er Gründer von BERTSCH.Brand Consultants. Die beiden werden von ihren Kunden vor allem dann gerufen, wenn Markenfragestellungen ganz besonders komplex, verworren oder gar verfahren erscheinen. Das Ziel der Beratung sind stets einvernehmliche, gut funktionierende Kommunikationsstrukturen. 2018 wurde er in den fünfköpfigen Beirat des Deutschen Designer Club e. V. gewählt und 2021 wiedergewählt. Seit 2019 ist er Mitglied im Arbeitskreis Digitaldesign der Bitkom, des Branchenverbands der deutschen Informations- und Telekommunikations-Branche und seit 2020 ist er bekanntlich ehrenamtlicher Redakteur und Host des DDCAST.
In der Sendung besprochene Bücher chronologisch
TC 03:12
ENGENHART, Marc / LÖWE, Sebastian (2022): Design und künstliche Intelligenz. Theoretische und praktische Grundlagen der Gestaltung mit maschinell lernenden Systemen. Basel, Berlin, Boston: Birkhäuser
TC 10:15
MANDIR, Eileen / GROSS, Benedikt (2023): Zukünfte gestalten. Mainz: Hermann Schmidt Verlag
TC 19:56
DÖRRENBÄCHER, Judith (2022): Distanz durch Nähe. Animistische Praktiken für kritisches Design. Basel, Berlin, Boston: Birkhäuser
TC 27:28
LOENHART, Klaus Klaas, Hrg. (2021): Breathe. Erkundungen unserer atmosphärisch verflochtenen Zukunft. Basel New York: Birkhäuser
TC 33:10
VOGT, Benjamin (2023): Gestaltung in virtuellen Welten. Interaktion, Kommunikation und die Bedeutung der Linie. Bielefeld: transscript
TC 40:16
BURKHARDT, François (2023): Gestalten. Für eine interdisziplinäre, ethische und kulturelle Politik in Design und Architektur. Berlin: Martin Schmitz Verlag
TC 47:07
KRAGENINGS, Fabian (2022): Prozess als Gestalt. Parametrie als grundlegendes Funktionsprinzip von Gestaltung. Bielefeld: transscript
TC 53:26
BÖNINGER, Christoph, DIEFENTHALER, Annette, FRENKLER, Fritz, SPITZ, René. Hrg. (2023) Designstudium Deutschland 2023. Ein Beitrag zum Public Value. Stuttgart: avEdition
TC 57:34
MALDONADO, Tomás (1972): Umwelt und Revolte. Zur Dialektik des Entwerfens im Spätkapitalismus. Reinbek: rororo
TC 01:03:40
ROSANSKI, Martina (2023): Sich selbständig machen in Therapie und Beratung – wie geht das? Heidelberg: Carl Auer
144 — Regine Leibinger
architektur / familie / architektur
Professor Regine Leibinger, geboren 1963 in Stuttgart, studierte Architektur an der Technischen Universität Berlin und an der Harvard University, Graduate School of Design in Cambridge, USA. Seit 1993 führt sie gemeinsam mit Frank Barkow das Architekturbüro Barkow Leibinger in Berlin. Zu den wichtigsten Gebäuden gehören unter anderem die Biosphäre in Potsdam, der Masterplan für TRUMPF Ditzingen – einschließlich Laserfabriken, Bertriebsrestaurant, Hauptpforte, Kita u.a. – das TRUTEC Building in Seoul, Korea, die Smart Factory in Chicago, der Tour Total und der Estrel Tower in Berlin.
Von 2006 bis 2018 war sie Professorin für Baukonstruktion und Entwerfen an der Technischen Universität Berlin. Nach Gastprofessuren an der Harvard University, Graduate School of Design in Cambridge in den Jahren 2000 und 2004, der Princeton University, School of Architecture in Princeton von 2016 bis 2019 und der Cornell University College of Architecture, Art, and Planning in Ithaca, New York im Jahr 2021 wurde sie im Herbst 2022 erneut als John C. Portman Design Critic in Architecture an die Harvard University, Graduate School of Design in Cambridge berufen.
Regine Leibinger ist eine führende Persönlichkeit in kulturellen Einrichtungen und Gremien, unter anderem als Mitglied der Sektion Baukunst an der Akademie der Künste in Berlin, Mitglied des Kuratoriums der IBA’27 StadtRegion Stuttgart und im Kuratorium der American Academy Berlin. Seit 2020 ist sie Mitglied des Dean’s Leadership Council der Harvard University, Graduate School of Design und seit 2011 Mitglied des „Visiting Committee“ am MIT – Massachusetts Institute of Technology, Department of Architecture in Cambridge. Seit mehreren Jahren ist sie zudem fester Bestandteil im Aufsichtsrat der Trumpf Gruppe. Im Jahr 2020 wurde sie vom American Institute of Architects zum AIA Honorary Fellow ernannt. Seit 2022 ist sie Mitglied in der Stadtgestaltungskommission München.
Ebenfalls 2022 gründete Regine Leibinger die gemeinnützige Organisation „Experimental“, die Projekte fördert, die experimentell in neue Bereiche der Architektur vordringen, um die Art und Weise zu verändern, wie und mit was wir bauen.
143 — Keneilwe Munyai
Knowing how to ask for help
Dr. Keneilwe Munyai ist eine unabhängige Beraterin für menschzentriertes Design mit Sitz in Kapstadt. Sie arbeitet auf dem gesamten afrikanischen Kontinent an Projekten in den Feldern ökologisches Unternehmertum, Aufbau menschzentrierter Design-Innovationskapazitäten und Stärkung der Jugend durch das Programm „Design Your Life“. Dieses Programm soll den jungen Menschen helfen, ihr Leben und ihre Berufung sinnvoll zu gestalten.
In der Vergangenheit hat sie an Hochschulen als Designlehrerin und -forscherin gearbeitet. Sie hat auch als Produktentwicklerin gearbeitet. Sie arbeitet auch mit lokalen und internationalen Organisationen zusammen, um Einzelpersonen und Organisationen darin zu schulen und zu befähigen, Design als strategisches Instrument zur Problemlösung und Innovation einzusetzen. Sie tut dies, weil sie an den Wert von Design glaubt, um zur Lösung einiger der sozioökonomischen Probleme der Gesellschaft auf dem afrikanischen Kontinent beizutragen. Ihr besonderes Augenmerk gilt der Menschlichkeit, Menschlichkeit bei der Problemlösung und der Entwicklung von Lösungen für Sektoren wie den öffentlichen und privaten Sektor, Nichtregierungsorganisationen und im akademischen Bereich.
Sie liebt es, zu Fuß zu gehen, und schätzt sich glücklich, in einer sehr fußgängerfreundlichen Stadt wie Kapstadt zu leben. Sie liebt auch die Tatsache, dass die Stadt sowohl drinnen als auch draußen wirklich fantastische und immer wieder überraschende Erlebnisse bietet. In den letzten Jahren konnte sie mit zahlreichen Innovatoren aus der ganzen Welt zusammenarbeiten. In diese Arbeitsbeziehungen bringt sie ihre schier unerschöpfliche Lernbereitschaft und eine Million Warum-Fragen ein. Komplexität und Herausforderungen motivieren sie und spornen sie an.
142 — Frank Wagner
Creative Business: in München
Frank Wagner startete nach seinem Grafikdesign-Studium seine Karriere als Art Direktor bei h, t, p, design in München, verließ nach zwei Jahren die Stadt an der Isar in Richtung Hamburg zu Scholz & Friends Design, um danach wieder nach München zurückzukehren. Nach kurzer freiberuflicher Tätigkeit gründete er, gemeinsam mit Annette Häftlinger, das Grafikdesign-Studio häfelinger+wagner design. Im Jahr 2012 trennten sich die Wege der beiden Gründer und Frank Wagner führte die mittlerweile als Designagentur positionierte Agentur unter dem Namen hw.design weiter. hw.design betreut Unternehmenskunden von Start-ups bis DAX40 in Fragen des Corporate Branding und der Corporate Communication und zählt mit über 500 renommierten Design-Awards zu den herausragenden Designagenturen im DACH-Raum. Frank Wagner ist Autor des Buches „The Value of Design“ das 2015 im Hermann Schmidt Verlag veröffentlicht wurde. Seit 2016 ist er, gemeinsam mit der Kreativdirektorin Veronika Kinczli, Herausgeber des internationalen Designmagazins „nomad“, dessen Print-Ausgabe in mittlerweile rund 30 Ländern vertrieben wird. Frank Wagner ist Mitglied in der Typografische Gesellschaft, München, bei iF Design, Hannover, dem DDC (Deutscher Designer Club) sowie dem Type Directors Club, New York.
141 — Marlene Bruch
Die papplose Pizzapackung
Marlene Bruch studierte an der Griffith University Brisbane, Australien sowie der Aalborg University Copenhagen, Dänemark und schloss das Studium an der der HfG Offenbach als Diplom Designerin ab. 2021 gründete sie ihre Firma PIZZycle. PIZZYCLE entwickelte sich rasant zu einer echten Alternative zu Einmalverpackungen und gilt als eine der bisher klügsten und durchdachtesten Lösungen für Lebensmittel-Mehrfachverpackungen. Vor der Gründung von PIZZycle war Marlene bei ION Design, Berlin, Material-id und Mobilehead Holding sowie Heiliger Design in verschiedenen Funktionen tätig. Sie hat mehrere Designpreise gewonnen und wurde mit dem Deutschlandstipendium sowie dem Hessen-Queensland PROMOS Stipendium ausgezeichnet. Sie ist umfangreich ehrenamtlich tätig. Sie hat zahlreiche Ausstellungsdesigns mitentwickelt. Sie bildet sich in Sustainable Design Theorien und Systeme Social Media Marketing ständig weiter und ist im Sketching (digital and analog), dem Modellbau (High- und Low-fidelity) sowie der Kreation von Brand Identities und Brand Designs ziemlich fit.
140 — Poonam Choudhry
Designkontext? Interkulturell!
Poonam Choudhry ist Designerin, Autorin, Dozentin. In Indien geboren, in Deutschland aufgewachsen. Ihren Abschluss als Diplom-Textildesignerin machte sie an der abk Stuttgart. Sie leitet mit ihrem Partner Martin Bargiel das interdisziplinäre Designbüro poonamdesigners für Produkt- und Textildesign, sowie Interiors.
Der Fokus ihrer Gestaltung liegt auf das Wellbeing des Menschen. Interkulturelle Aspekte fließen in ihre Konzeption für Design und Raum mit ein. Diese entwerfen sie mit nachhaltigen Materialien und aufeinander abgestimmten Farben, um gesunde Räume für den Menschen im Einklang mit der Natur zu schaffen. Texturen, Oberflächen und Textilien sind Poonams Thema. Zusammen mit Martin als Kommunikationsdesigner entwickelt sie auch Raumteiler und Wandgestaltung für Räume. Im Produktdesign entwickeln sie Möbel und zum Beispiel einen Salz-Pfefferstreuer, der bei WMF seit einigen Jahren erfolgreich läuft.
Sie reist sehr viel und schreibt regelmäßig Essays und Fachartikel über Design und Architektur und lehrt an verschiedenen Hochschulen in den Fachrichtungen Design, Architektur und Stadtplanung, z.Zt. an der HFG Schwäbisch Gmünd und der Hochschule Darmstadt.
Seit 2016 veranstaltet und kuratiert das Studio die CreativeDays Stuttgart – eine internationale Plattform für den Austausch von Design, Arts, Architecture, Urbanism. Sie bestehen aus einem Symposium und Designevents, die an verschiedenen Orten in Stuttgart im Juli stattfinden. Zum Symposium werden internationale und lokale Designer, Denker, Architekten und Stadtplaner, sowie Nachwuchstalente eingeladen. Ein Schwerpunkt ist dabei Indien.
Bei all der kreativen Arbeit mit Design lebt sie das „Wellbeing“ praktisch mit Yoga – Poonam ist ausgebildete Yogalehrerin. Sie ist Mitglied und Director Interkulturelles Design im DDC (Deutscher Designer Club), Beirat in der deutsch-indischen Gesellschaft. Sie sagt: „Zum Wellbeing des Menschen gehört die Harmonie zwischen body, mind, soul and space.“
139 — Leyla Acaroglu
Design Disruption
Leyla Acaroglu ist eine australische Designerin, Nachhaltigkeitsinnovatorin und Pädagogin. Sie ist Gründerin zweier Designagenturen: Disrupt Design und Eco Innovators. Außerdem gründete sie die UnSchool, ein Pop-up-Programm, das die herkömmliche Art und Weise, Wissen zu erwerben und weiterzugeben, durchbricht; das Programm wurde mit dem Core77 Design Education Initiative Award ausgezeichnet. Acaroglu hat die von ihr sogenannte Disruptive Design Method entwickelt. 2016 wurde sie vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) zum „UNEP Champion of the Earth“ ernannt, weil ihre Aktionen einen nachweisbaren transformativen und positiven Einfluss auf die Umwelt hatten. Sie brach ihr Designstudium ab, um ein sozialwissenschaftliches Studium mit dem Schwerpunkt ökologischer Nachhaltigkeit zu absolvieren. Und sie wurde an der Fakultät für Architektur und Design des RMIT in Melbourne, Australien promoviert.
Dieser DDCAST ist in Zusammenarbeit mit bayern design im Rahmen der diesjährigen munich creative business week entstanden, die vom 06. bis 14. Mai 2023 stattfindet.
138 — Tobias Adami
Leveraging Creative Friction
Tobias Adami ist seit 2015 als Creative Director Design bei Designworks, dem Design- und Innovationsstudio der BMW Group tätig. Hier leitet er Projekte für externe Kunden in einem internationalen und interdisziplinären Team und berät diverse Fachbereiche bei BMW. Schwerpunkte liegen in den Bereichen Automotive (BMWSonderzubehör und BMWLifestyle), Transportation Design (Landwirtschaft- und Forstmaschinen) sowie Infrastruktur (Elektrifizierung & mobile Urbanität). Dabei verzahnt er die Disziplinen Industrial- und Interactiondesign sowie Strategie and Design Research als auch die Teams an den Studiostandorten Los Angeles und Shanghai.
Seine Expertise in Design, Engineering und Innovation bringt er in Schlüsselthemen wie Produktion, Automatisierung, Konnektivität, nahtlose und benutzerzentrierte Produktentwicklung, Design- und Portfoliostrategie, ganzheitliche Visionsansätze, Service Design und Material Intelligence und holistische Erlebniswelt ein.
Der Austausch mit Geschäftspartnern aus ganz Europa, Asien und Nordamerika stärkt sein tiefes Verständnis in einem globalen kulturellen Kontext. Über das operative Design hinaus befähigt er strategische Partnerschaften und ein vielschichtiges Projektmanagement auf globaler Basis.
Direkt nach und schon während seiner Ausbildung als Diplom-Industrial Designer an der Universität GH Essen, war er bis Ende 2008 als Designer und Projektleiter in verschiedenen Designstudios tätig; bei Lengyel Design, Essen, und Vistapark, Wuppertal. Von 2003 bis 2008 arbeitete er als Senior Designer und Leiter der Abteilung Product im Studio Hannes Wettstein, Zürich, für international renommierte Unternehmen in den Bereichen Product, Furniture & Light (Molteni, Cassina, Vitra, Belux), Architecture und Private Space.
Während dieser Zeit realisierte er spannende Themen u.A. in der Zusammenarbeit mit Gigon Guyer, Herzog & de Meuron, Ingo Maurer und James Turrell. Von 2009 bis 2015 betreute er selbständig im eigenem Designstudio Kunden von München aus. Viele seiner Arbeiten wurden mit Awards ausgezeichnet (IF Award, RedDot, EISA Award). Seine Expertise auf dem Gebiet neuer Materialien und Technologien als Katalysator für innovative Produktkonzepte befähigte ihn zu Vorträgen auf Fachveranstaltungen und Symposien (z.B. „Material Vision 2007“ Rat für Formgebung / German Design Council).
Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit war er von 2007 bis 2013 als Dozent, Betreuer und Prüfer zahlreicher Diplomarbeiten an Hochschulen für Gestaltung aktiv. An der HFG Schwäbisch-Gmünd lehrte er die Fächer „Produkt und Prozess“, „Grundlagen der Produktgestaltung“ und an der FH München „Innovationsmethodologie“ (Masterstudiengang) sowie „Gestaltungsgrundlagen“. Schwerpunkte waren die systematische Auseinandersetzung mit gestalterisch ästhetischen Fragen im Bereich technischer Produktsysteme in Hinblick auf Innovation, Ergonomie und Usability im Kontext industrieller Serienproduktion und Anwendererlebnis.
137 — Niklas Fiedler
Totalitarismus mit Design begegnen
Niklas Fiedler ist freischaffender Maler, Graphic Novel-Artist und Kinderbuchautor sowie Kunstlehrer aus Frankfurt am Main. Er studierte von 2010 bis 2017 an der Goethe-Universität Philosophie, Kunstgeschichte und Kunstpädagogik, und schloss das Studium mit Abschlussarbeiten über Nietzsches „Also sprach Zarathustra“ und Art Spiegelmans „MAUS“ ab. Während dieser Studienzeit entstanden sechs Graphic Novels, die sich auf unkonventionelle Weisen mit ethischen Fragen beschäftigen und im Selbstverlag herausgegeben wurden. Das letzte Graphic Novel „Der letzte Nazi“ wurde 2018 im Kunstverein Familie Montez ausgestellt und von Fiedler jeden Abend in szenischen Lesungen vorgetragen. Durch Crowdfunding finanziert entstand ein Hörbuch von „Der letzte Nazi“. Von 2017 bis 2021 war Fiedler Mitglied im Freien Schauspiel Ensemble und wirkte an der Eigenproduktion „Sei frei, immer!“ mit. 2020 vollendete Fiedler sein Kinderbuch „Otto der Oktopus“, in dem es um einen Tintenfisch geht, der nicht nur seine Farbe und seine Form verändern kann, sondern auch seinen Stil. Seit 2020 ist Niklas Fiedler Kunstlehrer am Erasmus-Gymnasium in Frankfurt am Main.
136 — Ove Petersen
100% erneuerbare Energie für alle. Jetzt.
Im November 1981 stand ich bei meinen Schwestern im Zimmer. Von hier oben konnte ich von unserem Bauernhof auf den Deich gucken. Es war Sturmflut und die Wellen peitschten über den Deich. Da habe ich als Siebenjähriger gesehen, welche Gewalt die Natur hat. Da können wir kein Veto einlegen. Pause drücken. Hier an der Küste haben wir klar vor Augen, welche Kraft die Natur entwickeln kann. Und wir sehen, welche Risiken in der Klimakrise stecken, wenn die Meeresspiegel steigen und extreme Wetterereignisse zunehmen. Aber: Wir wissen auch, welche Chancen die Energiewende unserer Wirtschaft im ländlichen Raum und unserer Gesellschaft bietet. Der Koog, in dem ich aufgewachsen bin, ist Pionierland. Erst vor 116 Jahren eingedeicht, gab es hier Raum zu erschließen und zu beackern. Und dieser Pioniergeist zieht sich durch. Im Koog und in mir. Ich war nie der beste Schüler, ich konnte mir aber immer schon viel vorstellen. Realschulabschluss, landwirtschaftliche Lehre, Abitur auf dem zweiten Bildungsweg. Und ich war immer offen für Anderes, für Neues. Ich war Rettungs-Sanitäter, hab studiert, den Betrieb meiner Eltern übernommen, sogar mal zwei Jahre Software verkauft. Und ich habe angefangen, eigene kleine Erneuerbare-Energien-Projekte umzusetzen. Schon während meines Studiums hatte mein Vater hier in der Gemeinde einen Windpark projektiert. Er war und ist auch mein größter Motivator. Nie hat er mich eingeschränkt. Im Gegenteil, er kann sich bis heute vieles vorstellen und war schon immer offen für Veränderungen. Dieser Pioniergeist und diese Offenheit haben dazu geführt, dass ich als Landwirt die Landwirtschaft in Verwalterhände übergeben konnte, und dass ich gemeinsam mit meinem Studienkollegen Heinrich Gärtner ein neues Unternehmen entwickeln konnte: GP JOULE, ein Unternehmen, das sich ganz einem Ziel verschrieben hat: 100 Prozent Erneuerbare Energien für alle. Jetzt. Es ist alles möglich. Wir können die Energiewende schaffen. Wir können uns selbst mit Strom, Wärme und Wasserstoff aus Erneuerbaren Energien versorgen. Wir können emissionsfrei mobil sein. Die Technologien sind da. Es liegt nur an uns. Dabei sind die Parallelen zur Landwirtschaft immer präsent. So ist die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln aus dem eigenen Land mittlerweile auch auf die Erneuerbare Energieversorgung übertragbar und die Veredlung vom Weizen zum Brot gar nicht so weit weg von der Veredlung der Kilowattstunde Strom zum Kilogramm Wasserstoff.
135 — Bianca Herlo
Digital Justice. Now.
Bianca Herlo ist Designforscherin, Gestalterin und Dozentin mit den Schwerpunkten Civic Design, Social Design und Digital Justice. Sie ist Forschungsgruppenleiterin am Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft und verwaltet die Professur für Designwissenschaft an der HBK Braunschweig.
Im Fokus ihrer Arbeit stehen Fragen nach sozialer und digitaler Teilhabe und nach der gesellschaftlichen Verantwortung von Design im Kontext des digitalen Wandels. In ihren Projekten geht es darum, verschiedene Perspektiven und Wissensformen mit dem Ziel einer gerechteren Digitalisierung zusammenzubringen. Themen wie Migration und gesellschaftlicher Wandel liegen der aus Rumänien Eingewanderte besonders am Herzen. Ihre praxisbasierte Forschung gestaltet sie integrativ und transdisziplinär, sie arbeitet zusammen mit Wissenschaftler*innen verschiedener Disziplinen sowie mit Künstler*innen, Aktivist*innen, politischen Entscheidungsträger*innen und Vertreter*innen der Zivilgesellschaft – aus der Überzeugung heraus, dass man, wenn es um transformative Forschung und Praxis geht, nur im Dialog miteinander und grenzübergreifend vorankommt.
Bianca engagiert sich in zahlreichen wissenschaftlichen Gremien und Netzwerken. Sie ist Gründungsmitglied des internationalen Social Design Network und Mitglied im iGDN. Seit 2021 ist sie Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Designtheorie und -forschung (DGTF). 2022 richtete sie gemeinsam mit UdK-Kolleg*innen die Weizenbaum Conference aus, die sich mit Souveränitätspraktiken als Voraussetzung für eine kritische Teilhabe am digitalen Wandel auseinandersetzte. Zu ihren jüngsten Aktivitäten gehört der Podcast „Purple Code. Intersectional Feminist Perspectives on Digital Technologies“, den sie mit Sana Ahmad und Lena Ullrich vom Weizenbaum-Institut hostet.
134 — Kai Vöckler & Peter Eckart
Gemeinwohl & Mobilitätsdesign
Prof. Dr. Kai Vöckler ist Urbanist in Offenbach am Main. Gründungsmitglied von Archis Interventions. Stadtentwicklungsprojekte in Deutschland und Südosteuropa. Stadtforschungsprojekte in Europa und Asien. Wettbewerbe und städtebauliche Projekte mit Landschaftsarchitekten und Architekten. Publikationen zu kunsttheoretischen und urbanistischen Themen. Promotion in Kunstwissenschaft über Raumbilder des Städtischen. Kurator von Ausstellungen an europäischen Kulturinstitutionen. 2010–2021 Stiftungsprofessur für Kreativität im urbanen Kontext. Seit Wintersemester 2021 Professor für Urban Design am Fachbereich Design der Hochschule für Gestaltung (HfG) Offenbach. Zusammen mit Peter Eckart hat er mit dem OIMD – Offenbach Institute of Mobility Design den Forschungsschwerpunkt Mobilitätsdesign etabliert.
Prof. Peter Eckart ist Designer in Frankfurt. Er studierte an der GHS Wuppertal und der HfbK Hamburg bei Prof. Peter Raacke und Prof. Dieter Rams. Bis 1993 arbeitete er als Produktdesigner bei Braun. Bis 2000 arbeitet er gemeinsam mit Olaf Barski als Eckart+Barski Design und heute mit unit-design in Frankfurt und Bern. Für Kunden wie die Stadt Frankfurt, EZB, FraPort, Lufthansa, Deutsche Bahn, Karlsruher Verkehrsverbund, Deutsche Bank, City of Riyadh, City of Paju, Roche, Siemens u.a. entwickelt das Büro Design im öffentlichen Interesse und Mobilität. Nach Lehraufträgen an der Hochschule Darmstadt ist Peter Eckart seit 1999 Professor für „Integrierendes Design“ an der HfG-Offenbach und Vizepräsident. Zusammen mit Kai Vöckler hat er mit dem Offenbach Institute of Mobility Design (OIMD) den Forschungsschwerpunkt etabliert.
133 — Thilo Schwer
Serious Games & Produktsprache
Thilo Schwer ist Produktgestalter und Designwissenschaftler. Er studierte 1993–2001 an der Schule für Gestaltung in Basel und der HfG Offenbach. 2002 erfolgte mit Sybille Fleckenstein und Jens Pohlmann die Gründung des Designstudios speziell® in Offenbach, das für bekannte Unternehmen im Konsumgüterbereich tätig ist. Die Entwürfe von speziell® wurden mehrfach international ausgezeichnet.
Ab 2006 widmet sich Thilo Schwer designwissenschaftlichen Themen. Seine Promotion 2014 an der Folkwang Universität in Essen trug den Titel „Produktsprachen: Design zwischen Unikat und Industrieprodukt“. Seit 2011 lehrt er Designgeschichte, Designtheorie, Designmethodologie und Theorien der Produktsprache – u. a. an der Folkwang Universität der Künste, der Goethe Universität in Frankfurt/Main und der HfG Offenbach. 2019/20 war er Vertretungsprofessor für Produktsprache und Produktdesign an der HfG Offenbach.
Seit 2019 ist Thilo Schwer Professor für Designgeschichte und -theorie, ab 2021 Leiter des Instituts für Kunst- und Designwissenschaft an der Hochschule der bildenden Künste in Essen (HBK Essen). Schwerpunkte seiner Arbeit liegen in der Theorie der Produktsprache, der Erforschung von Gestaltungsmitteln im Kontext historischer und zeitgenössischer Entwicklungen sowie in den Methoden des Designs im Entwurfsprozess. Thilo Schwer ist Gründungsmitglied von design inclusion e.V. und Vorstand der Gesellschaft für Designgeschichte e.V. (GfDg). Gemeinsam mit Siegfried Gronert initiierte er die Schriftenreihe der GfDg, die er seit 2021 zusammen mit Melanie Kurz herausgibt (2023: Design für Spiel Spaß Spannung – Gestaltung von Artefakten zum spielerischen Handeln, 2022: Raster, Regeln, Ratio – Systematiken und Normungen im Design des 20. Jahrhunderts, 2021: Designentscheidungen – Über Begründungen in Entwurfsprozessen). 2021 erschien in Herausgabe mit Kai Vöckler „Der Offenbacher Ansatz – Zur Theorie der Produktsprache“, 2022 zusammen mit Melanie Kurz „Geschichte des Designs“ in der Reihe „Wissen“ von C. H. Beck.
132 — Jochen Rädeker
Design; Management
Jochen Rädeker gehört als Designer, Stratege, Lehrender und Autor zu den profiliertesten Kreativen in Deutschland. Er studierte 1988 – 1994 Grafikdesign an der Kunstakademie Stuttgart und machte sich noch im Studium selbständig. 1996 gründete er neben einer Eventagentur zusammen mit Kirsten Dietz die Designagentur strichpunkt und 2013 das Designlabel type hype. Bis heute ist er Geschäftsführer der Firma Strichpunkt, die mit Hauptsitzen in Stuttgart und Berlin zu den größten und renommiertesten Designagenturen der Republik gehört. Strichpunkt betreut heute mit rund 130 Mitarbeiter*innen als globale Leadagentur die Marken u.a. von Audi, DFB, DHL, der F.A.Z, Otto Group oder Skoda. Strichpunkt hat darüber hinaus vielfach ausgezeichnete Markenauftritte u.a. für die Commerzbank, Daimler, delivery hero, die Ruhrtriennale, die Staatstheater Stuttgart und Dresden, den SWR oder Vorwerk sowie für große chinesische Unternehmen wie deli oder Weima geschaffen und rund 500 Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte für Unternehmen von A wie adidas bis Z wie Zalando konzipiert. Aufsehen erregten u.a. das erste komplett digital gedachte und vollständig gecodete Corporate Design (für Audi 2016, auch der Relaunch 2021 stammt von Strichpunkt) und der erste Einsatz von künstlicher Intelligenz für ein Brand-Portal (für die DHL 2018). Seit 2021 ist Strichpunkt Teil der myty group ag, deren Strategy Board Jochen leitet. Seit 2012 ist er außerdem Professor für Corporate Design und Corporate Identity an der hochschule konstanz, forscht u.a. zur Wahrnehmungspsychologie und ist seit 2019 Dekan der Fakultät für Architektur und Gestaltung. Zuvor war er neun Jahre Vorstandsmitglied des Art Directors Club für Deutschland (adc), von 2009 bis 2012 als dessen Präsident. Jochen Rädeker berät Unternehmen und Institutionen in der Marken- und Kommunikationsstrategie, gibt Seminare und führt Workshops durch. Er hat mehrere Bücher geschrieben, ist regelmäßig Keynote Speaker bei internationalen Kongressen und Juror bei diversen Awards. Er ist verheiratet, hat einen erwachsenen Sohn und zwei kleine Kinder und lebt am Bodensee. Neben seinen Kindern, Professur und Agentur beschäftigt er sich mit eigenen Kunst- und neuen Buchprojekten, Kulinarik und nachhaltiger Gemeinschaftsverpflegung, kocht und segelt gerne und renoviert eine alte Mühle.
131 — Michaela Leitner
Fem Facts und Gender Gaps
Michaela Leitner ist freiberufliche Designerin und Lettering Artist in Augsburg. Sie studierte Graphic Design an der Falmouth University in Cornwall, Kommunikationsdesign (B.A.) und Transformation Design (M.A.) an der Hochschule Augsburg. Heute gestaltet sie Kommunikation und – im besten Fall – Veränderung.
Schon seit Jahren beschäftigt sie sich mit dem Thema Gleichberechtigung und der Frage, wie sie als Designerin dieser Thematik im Alltag zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen kann. Ob durch Text, Illustration, Grafik, Lettering oder auch mal (schlechten) Humor und Sarkasmus – um dieses Ziel zu erreichen sind ihr fast alle Mittel recht.
Für ihre Bachelorarbeit schrieb sie 2018 Auszüge aus dem Grundgesetz händisch: Unperfekt und gegensätzlich und dennoch am Ende eine visuelle Einheit. Am Ende des Experiments entstand eine neonfarbene Siebdruckserie.
Ihre Masterarbeit 2021 in Transformation Design endete in einem knapp 200-seitigem, illustrierten Sachbuch: „FemFacts – Von Sexismen, Gender Gaps und anderen Absurditäten“, welches 2022 bei &Töchter in München erschien. Das Buch ist eine feministische Bestandsaufnahme – manchmal amüsant, meistens haarsträubend.
130 — Ursula Tischner
Eco- statt Ego Design
Ursula Tischner ist eine deutsche Designerin, Design-Forscherin, Design-Beraterin und Design-Lehrende mit Schwerpunkt Design für Nachhaltigkeit, Circular Design, Social Design und Ecodesign. Sie studierte Architektur and der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, Objekt Design/Kunst im öffentlichen Raum an der Fachhochschule Aachen und Produkt-Design/Industrial Design an der Universität Wuppertal. Bereits während des Studiums in den frühen 1990er Jahren fokussierte sie auf ökologisch und sozial sinnvolles Design von Produkten, Dienstleistungen und Systemen. Nach ihren Bachelor und Masterabschlüssen war sie über 4 Jahre im Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie tätig, wo sie forschte und ihre ersten Publikationen verfasste. Im Jahr 1996 gründete sie econcept, Agentur für nachhaltiges Design in Köln und leistete damit Pionierarbeit im Bereich des Eco- und nachhaltigen Designs. Seitdem berät sie mit econcept Unternehmen im Bereich des nachhaltigen Designs, führt Forschungsprojekte durch, entwickelt und gestaltet Lösungen, publiziert und ist in Aus- und Weiterbildung im In- und Ausland tätig.
Wichtige Stationen in ihrer Lehrtätigkeit seit 1995 waren zum Beispiel: Professur für Ecodesign an der Design Academy Eindhoven, und Leitung // Langjährige Lehre zum Thema Öko-Design an der Züricher Hochschule der Künste im Fachbereich Design, CH // Leitung des Masterprogramms Sustainability Design am Savannah College of Art and Design, USA // Leitung des Masterprogramms Eco-innovative Design an der Fachhochschule Joanneum in Graz, AT // An der Wilhelm Büchner Hochschule, Darmstadt verantwortet Ursula Tischner als Professorin für nachhaltiges Design den Bachelor Studiengang „Nachhaltiges Design“.
Ursula Tischner konzipierte, leitete und beteiligte sich an diversen Forschungsprojekten im Bereich des nachhaltigen Designs und der Innovation für Nachhaltigkeit. Beispielhafte Forschungsvorhaben sind: BB Clean Interreg Projekt zur „sauberen“ Verbrennung/ Nutzung von Biomasse im Alpenraum // Sustainability Maker, open innovation, crowd sourcing and crowd funding for Sustainable Solutions, europäisches LIFE Projekt // SCORE – Sustainable Consumption Research Exchange, europäisches Forschungsnetzwerk zum Thema Nachhaltige Produktions- und Konsumsysteme // SusProNet – Sustainable Product Service Network, europäisches Forschungsnetzwerk zum Thema Nachhaltige Produkt-Dienstleistungssysteme // MEPSS – Product Service Systems Methodology, europäisches Forschungsprojekt zum Thema Methoden zur Gestaltung und Evaluierung von Produkt-Dienstleistungssystemen. Entwicklung eines Toolkits für Industrie. // NIOS – Nachhaltige Innovationen im Outdoor-Sport-Sektor (Deutsche Bundesstiftung Umwelt, DBU) // ecobiente – Nachhaltige Güter erfolgreicher gestalten und vermarkten, emotionale und ästhetische Aspekte des nachhaltigen Designs (Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF) // Das Nachhaltige Büro, Systeminnovationen für Nachhaltigkeit (Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF) // Ecodesign im gestaltenden Handwerk, Integration von ökologischen Kriterien in die tägliche Entwicklungspraxis, in Zusammenarbeit mit der Akademie für Gestaltung im Handwerk der Handwerkskammer Aachen (Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und Ministerium für Wirtschaft und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen) // Green Fashion Niederlande, nachhaltige Gestaltungsstrategien und Supply Chains für die Bekleidungsindustrie (gefördert von senter novem) // Erfolgsstrategien für Produkt-Dienstleistungssysteme, Entwicklung einer erfolgversprechenden Planungsstrategie für Anbieter von Produkt-Dienstleistungssystemen (PSS) in Österreich (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, Österreich) // Zahlreiche Publikationen, Vorträge auf Konferenzen, Beteiligung an Netzwerken und Design Jurys oder Standardisierungsorganisationen, sowie Gutachtertätigkeiten begleiten die Arbeit der Design-Forscherin.
129 — Fritzi Köhler-Geib & Hannah Helmke
Wege zur ökonomischen Transformation
Dr. Fritzi Köhler-Geib ist Chefvolkswirtin und Direktorin Volkswirtschaft der KfW Bankengruppe in Frankfurt am Main. Sie hat über 17 Jahre Erfahrung bei der Weltbank, dem internationalen Währungsfonds und im Finanzsektor, davon zuletzt seit 2017 als Chefvolkswirtin für Zentralamerika bei der Weltbank. Regionale Schwerpunkte ihrer wirtschaftspolitischen Beratungstätigkeit und volkswirtschaftlichen Forschung liegen in Deutschland, Europa, Lateinamerika, Asien und Afrika.
Nach der Promotion in Volkswirtschaftslehre an der Ludwig Maximilian Universität München und der Pompeu Fabra University, Spanien, wurde ihr das Lizentiat der Wirtschaftswissenschaften an der Universität St. Gallen erteilt. Daran schloss sich der CEMS Master in International Management: HEC Paris/University of Michigan/Universität St. Gallen an. Bevor sie in 2019 zur Chefvolkswirtin Direktorin Volkswirtschaft KfW Bankengruppe in Frankfurt am Main ernannt wurde, war sie Chefvolkswirtin Zentralamerika bei der Weltbank, Washington D.C., USA, Senior Economist Macro Fiscal Management Global Practice Lateinamerika bei der Weltbank und Economist Poverty Reduction and Economic Management Network Economic Policy Department und Lateinamerika Weltbank, Washington D.C., USA. Sie kennt sich also mit Entwicklungsländern, Armutsbekämpfung, Makroökonomie und Prognostik bestens aus.
Hannah Helmke ist Gründerin und CEO des Climate-Tech-Unternehmens right°. Ihr Fokus auf wirtschaftliches Handeln in unserer vom Klimawandel betroffenen Welt ist das Ergebnis der Kombination ihrer beiden akademischen Disziplinen: Psychologie und International Business. Hannah folgt ihrer festen Überzeugung, dass ein wissenschaftlich fundierter Ansatz der beste Weg ist, um das emotional aufgeladene Feld der Klimastrategie von Unternehmen zu bewältigen. Bevor sie right° gründete, arbeitete sie für den IT-Dienstleister BridgingIT und die Deutsche Post DHL Group. Dort erforschte sie die Potenziale der Digitalisierung zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen und arbeitete an der Einführung von wissenschaftsbasierten Zielen als Berichtsinstrument. Unter ihrer Leitung wurde right° mit dem renommierten Next Economy Award 2020 ausgezeichnet. Sie selbst wurde mit dem Digital Female Leader Award 2020 in der Kategorie „Nachhaltigkeit“ sowie mit dem „Female Founders Award“ der AmCham Germany 2021 ausgezeichnet.
128 — Carsten Broda
Kulturpolitische Positionen
Dr. Carsten Brosda ist Senator für Kultur und Medien in Hamburg. Zuvor war er als Staatsrat für Kultur, Medien und Digitales und Bevollmächtigter des Senats für Medien tätig. Seit 2018 ist er Co-Vorsitzender der Medien- und Netzpolitischen Kommission des SPD-Parteivorstandes, seit 2019 Vorsitzender des Kulturforums der Sozialdemokratie und seit 2020 Präsident des Deutschen Bühnenvereins.
Zuvor leitete Carsten Brosda die Abteilung Kommunikation des SPD-Parteivorstands in Berlin und stellvertretend den Leitungs- und Planungsstab im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Er studierte Journalistik und Politik an der Universität Dortmund und promovierte nach einem Volontariat bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung zum Thema „Diskursiver Journalismus“.
Bettina Knoth, ehemalige DDC Vorstandssprecherin und DDC Mitglied, hat sich im DDCAST 128 mit ihm ausgetauscht.
127 — Juli Gudehus
Icon Spell: Visuelle Weltsprache
Die Spezialität von Juli Gudehus ist das Besondere. Äpfel und Birnen zu vergleichen, ist ihr tägliches Brot.
Sie gestaltet, berät, begleitet, recherchiert, regt sich auf, regt an, schreibt und sammelt. Sie lernt und lehrt, zählt Erbsen, zagt, fragt, wagt und wundert sich. Sie liebt es, Verbindungen herzustellen zwischen Phänomenen, Menschen und Dingen. Sprache und Alltagskultur sind ergiebige Quellen für ihre experimentelle, poetische und kluge Arbeit. Sie strahlt, wenn davon Funken überspringen und Menschen zum Lächeln bringen.
Bekannt wurde Juli durch ihre „Genesis“, eine Übersetzung der biblischen Schöpfungsgeschichte in zeitgenössische Hieroglyphen. Sowohl diese als auch ihr 3.000-seitiges „Lesikon der visuellen Kommunikation“ wurden schon verschiedentlich als Designerbibel bezeichnet. An beide Werke knüpft sie in ihrer aktuellen Arbeit an: in ihrem „Icon spell“ Projekt geht es um die Erschaffung einer visuellen Weltsprache aus aneinandergereihten Bildzeichen mithilfe von Schwarmintelligenz.
Während die einen finden, dass Juli immer wieder ganz was anderes macht, sehen andere den roten Faden: die gelungene Balance zwischen spielerisch und pur. Manche Arbeiten, wie ihr Abreißkalender „mindestens haltbar bis“ – sind so verblüffend einfach, dass man eigentlich selbst hätte drauf kommen können.
Julis Credo lautet: „Es ist eine Kunst, am richtigen Ort falsch zu sein“. Für Stefan Sagmeister ist sie „probably the purest conceptual designer I know“.