GRAND PRIX 19

Der DDC vergibt den GRAND PRIX jedes Jahr an ein Unternehmen, das sich durch besonderes Design und durch eine Vorbildfunktion für die Branche auszeichnet. 2019 ging dieser Preis an Adidas x Parley for the Oceans, die gemeinsam etwas gegen die Meeresverschmutzung durch Plastikmüll tun.

Veröffentlicht am 05.02.2021

Plastik ist überall. Gleich in welcher Industrie: von den nicht wahr­nehm­baren „Hidden Plas­tics“ in einem Groß­teil der heutigen Kosmetik­pro­dukte bis hin zu der unter­schätz­ten Reifen­ab­nutz­ung von Auto­mo­bilen. Allein in Deutsch­land ge­langen jedes Jahr auf diesem Wege einige Zehn­tausend Tonnen Mikro­plastik in die aquatische Um­welt. Man kann diese Liste noch weiter aus­führen (siehe Daten und Fakten). Der Kampf um unsere Meere scheint eigent­lich aus­sichts­los. Wo können wir hier an­setzen? Ist unser gemein­sames Glas schon halb leer, oder ist es noch halb voll?

In der gegen­wärtigen Zeit gilt mehr denn je, dass sich verant­wortungs­volles und relevantes De­sign nicht erst im Produkt mani­festiert, sondern viele Schritte davor. Neben dem Material werden Fragen zur gesamten Liefer­kette und zu den Arbeits­be­ding­ungen bei den Konsu­menten zum Glück immer relevanter.

In jedem Adidas Ultraboost x Parley Schuhpaar stecken 11 Plastikflaschen. Bild: Adidas

Der DDC zeichnet vor diesem Hinter­grund ein Unter­nehmen und eine Initiative aus, die sich gemeinsam auf den Weg gemacht haben und Verant­wortung tragen: Der GRAND PRIX im Rahmen von GUTE GESTALTUNG 19 geht an Adidas für die Ko­operation mit Parley for the Oceans, die seit 2015 die Ver­schmutz­ung der Welt­meere durch Plastik­müll in An­griff nehmen.

Mehr als 1/7 unserer Erdober­fläche ist von Wasser bedeckt

Mit dieser Aus­zeich­nung will der DDC bewusst kein konkretes Einzel­produkt her­vor­heben, sondern viel­mehr einen Ansatz würdigen, der ein Bewusst­sein für die Materialien schafft, die wir alle täglich konsu­mieren und ver­wenden. Und welches Massen-Design­produkt wäre dafür besser ge­eignet als Kleidung, die zu den persön­lichsten Dingen unserer heutigen Gesell­schaft gehört, die Persön­lich­keit und Indi­vidu­alität aus­drückt. Sie gibt uns Schutz, sie stellt uns aber auch dar.

Rund um die Malediven sammelt Adidas x Parley for the Oceans Plastikmüll ein, um ihn wiederaufzubereiten. Bild: Adidas

Der Ansatz von Adidas x Parley for the Oceans basiert auf der Ver­mei­dung, dem Sammeln und dem Re­cyc­ling des Plastik­mülls in den Meeren. Rund um die Male­diven, an den Küsten, im Meer und aus den Tief­see­fischer­netzen, sammelt die Ini­tia­tive, die Adidas mit­gründete, Kunst­stoff­ab­fälle, um sie im An­schluss weiter­zu­ver­ar­beiten. In einem mehr­stufigen Ver­fahren wird dieses Plastik wieder zu Fasern und Garnen aufbereitet.

Jede Minute wird die Menge eines Lastwagens Plastikmüll in die Weltmeere eingetragen

2015 erfolgte der Start­schuss: 50 Proto­typen des ersten Schuhs wurden ver­lost. Zur Her­stellung wurden Hochsee­fischer­netze ver­ar­beitet, die die Orga­nisation Sea Shepherd bereit­ge­stellt hatte. Im November 2015 wurde der Nach­folger „Ultra­boost Un­caged Parley“ in einer limitierten Auf­l­age von 7.000 Exem­plaren in aus­ge­wählten Verkaufs­stellen ange­boten. Für jedes Paar wurden elf Plastik­flaschen wieder­ver­wertet. In den letzten Jahren wurde der Ein­satz des Recycling-Materials auf weitere Schuhe für Sport­arten wie Fußball oder Golf sowie auf weitere Produkt­kategorien wie Bekleidung aus­geweitet.

Mit der Welle verbunden: die Kampagne von Adidas x Parley for the Oceans. Bild: Adidas

Adidas x Parley for the Oceans steht aber auch für Kommu­ni­kation. Über Kampagnen wie „Run for the Oceans“ sprechen die Verant­wort­lichen auf positive Weise ihre Ziel­gruppe an und versuchen dadurch, die Auf­merk­sam­keit auf das Thema zu lenken. Selbst die Fuß­ball­vereine Bayern München und Real Madrid konnten sie mit ihrer Initiative überzeugen.

Das sechste Massenaussterben der Erdgeschichte hat bereits begonnen

Nun kann man sagen, die Initiative sei zu marginal für die Gesamt­situation der Meere. Adidas setzt sich somit auch der Kritik aus. Vielen geht das nicht weit genug oder zu langsam. Was ja auch, wenn man an die Prognosen denkt, stimmt. Denn ange­sichts der Zer­störung der Meere gibt es tatsächlich nur ein Ziel: generell Plastik zu ver­­meiden. Doch wie kommen wir da hin? Wie muss der Weg aus unserem be­stehenden System heraus, das in sehr großen Skalier­ungen Konsum­güter auf den Markt wirft, ver­ändert werden? Adidas hat sich mit Parley for the Oceans vor drei Jahren auf diesen Weg gemacht. Was mit 7.000 Paar Schuhen begann, lag 2017 bei 1 Million ver­kauften Paar Schuhen aus Parley Ocean Plastic, 2018 bereits bei über 5 Millionen. 2018 hat das Unter­nehmen Adidas darüber hin­aus er­klärt, dass es ab 2024 suk­zes­sive auf „Virgin Plastics“ ver­zichten wolle und nur noch re­cyc­eltes Poly­ester ein­setzen werde. Be­merkens­wert ist auch der „Adidas Future­craft Bio­fabric“, bislang ein Konzept­schuh, der durch ein natür­liches Verfahren zu 100 Prozent bio­logisch ab­baubar ist.

2016 stattete Adidas x Parley for the Oceans die Fußball­mannschaft von Bayern München aus. Bild: Adidas

Adidas x Parley for the Oceans ist aus Sicht des DDC auf dem richtigen Weg. Die Ent­wick­lungen dienen aber nicht nur zu einem Kompetenz­auf­bau im eigenen Unter­nehmen, sondern senden auch ein Zeichen an andere Unter­nehmen, diese Heraus­forderung als eine wirt­schaftliche Chance zu begreifen.

Jeder zweite Atemzug, den wir nehmen, wird von den Ozeanen generiert

Ist das Glas nun halb voll oder halb leer? Die Ver­änderung kommt nur, wenn sich viele auf den Weg machen. Die Industrie, der Kon­sument und wir Designer. Jeder kann Gewohntes hinter­fragen, die individuellen Routinen der täglichen „Convenience“ an­schauen. Wenn wir alle im nächsten Jahr wieder am Meer sind, egal ob an der Nord- oder Ostsee, dem Atlantik oder dem Pazifik, sollten wir es uns ganz genau an­sehen und uns diesen so wichtigen Ort, einen Sehn­suchts­ort, er­halten. Aber eins ist klar: Wir alle arbeiten konsum­fördernd. Ob wir nun Produkte ent­wickeln oder Wer­bung und Kommu­ni­kation machen, ob wir für die Wirt­schaft oder für die Kultur tätig sind. Es gehört zum Leben dazu: Wir ver­brauchen nun ein­mal Res­sourcen. Der Mensch kann nicht nicht konsu­mieren! Die Frage ist nur, wie wir es tun.

Nicolas Markwald ist Sprecher des Vorstandes des DDC

Parley Ocean Plastic wird mittlerweile in vielen Linien wie auch für Adidas by Stella McCartney verwendet. Bild: Adidas

Hintergrund: Adidas x Parley for the Oceans

Adidas hat die Initiative Parley for the Oceans im Jahr 2015 mit­ge­gründet – ein Netz­werk und eine Orga­nisation aus Kreativen, Denkern und Lenkern, die ein Bewusst­sein dafür schaffen wollen, wie schön unsere Ozeane sind und wie leicht ihr Gleich­gewicht gestört werden kann. In gemein­schaftlicher Projekt­arbeit möchten sie die Welt­meere schützen und ihrer Zer­störung Ein­halt gebieten.

Adidas arbeitet mit Parley zusammen, um Kunst­stoff­abfall aus dem Meer und von den Stränden für den Ein­satz in Hoch­leistungs­be­kleidung und Schuhen auf­zu­be­reiten. Alle Produkte von Adidas Parley ent­halten Parley Ocean Plastic™, das von Partner­organi­sationen an Küsten und Küsten­gebieten wie den Malediven gesammelt wird. Das Rohmaterial, das hauptsächlich aus PET-Flaschen besteht, wird zu einem Zulieferbetrieb in Taiwan trans­portiert, dort wird es zu Garn ver­arbeitet, das marken­rechtlich ge­schützt ist. HDPE-Material wie Plastik­ringe und Ver­schlüsse, aus dem kein Garn ge­wonnen werden kann, wird dem re­gulären Recyc­ling zu­geführt. 2018 hat Adidas sein Ziel, fünf Millionen Ultra­boost-Paare zu pro­duzieren, über­troffen. Mit der Her­stellung von einem Paar Parley-Schuhen erreicht Adidas, dass circa 11 Plastik­flaschen weniger im Meer treiben.

Als Gründungs­mitglied hat sich Adidas der Parley A.I.R.-Strategie (A.I.R. – Avoid, Intercept, and Redesign) verpflichtet:

  • Avoid – Vermeiden: Keine Ver­wendung von Plastik­taschen und Mikro­plastik­teilchen. Adidas strebt danach, an den Unter­nehmens­standorten auf Ein­weg­plastik zu verzichten.
  • Intercept – Abstellen: Verhindern, dass Plastik­abfälle ins Meer ge­langen und die be­stehende Be­drohung ab­wenden. Dazu gehören Maß­nahmen, die ver­hindern, dass Plastik­ab­fälle in die Ozeane gelangen und die Auf­bereitung der Abfälle zu Per­formance-Sportartikeln.
  • Redesign – Neu gestalten: Voran­treiben von Öko-Inno­vation bei Material, Produkten und deren Einsatz­möglich­keiten mit dem Ziel, der­zeitige Kunst­stoffe neu zu erfinden.

Adidas und Parley for the Oceans unter­stützen darüber hinaus das Global Cleanup Network, das Länder und global tätige NGOs umfasst und das Clean­ups initiiert – groß angelegte Aktionen zum Sammeln von Abfall. Durch Sport haben sie die Möglichkeit, Leben zu verändern, ist sich Adidas sicher. Durch die Zusammen­arbeit mit Parley möchte der Sport­artikel­hersteller eine ganze Genera­tion in­spirieren und mobi­lisieren, um die Zukunft des Planeten mit­zugestalten.

Quellen: Adidas, Bundesregierung Deutschland, Europäische Kommission, Plasticseurope, Umweltbundesamt

 

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