Ausstellung „Jil Sander. Präsens“ im Museum Angewandte Kunst, Frankfurt am Main, 2017, Bild © Paul Warchol

LAUDATIO

Am 27. November 2023 feiert Jil Sander ihren 80. Geburts­tag. Aus die­sem Anlass würdigt Felix Kosok im Namen des Vor­stands und des Clubs das Werk der Mode­design­erin, die seit 2012 Ehren­mitglied des DDC ist.

Veröffentlicht am 27.11.2023

Liebe Jil Sander, 

im Namen des Vorstands und des gesamten DDC, dessen Ehren­mit­glied du seit 2012 bist, wünsche ich dir alles Gute zum 80. Geburtstag. 

Jil Sander © Peter Lindbergh

Zu diesem besonderen Anlass möchte ich ein paar Gedanken zu deinem gestalter­ischen Werk teilen:

Mode unterstützt uns dabei, uns zu dem zu machen, was wir sein wollen. Sie gibt uns Selbst­be­wusst­sein, Autorität und Ele­ganz, ver­wurzelt uns in unserer Zeit und eröff­net uns zu­gleich einen Gestaltungs­spiel­raum für andere mög­liche Zukünfte. In diesem Sinne geht es einer Aus­nahme-Gestalter­in wie Jil Sander immer auch darum, die Persön­lich­keit eines Menschen durch ihr kreatives Ge­schick hervor­zu­heben. Denn wenn das Äußere stimmt, so Sander selbst, dann wird auch das Innere ge­stärkt und kann wachsen und gedeihen. 

Jil Sanders Bedeutung als Mode­designerin gründet sich auf ihrem außer­gewöhn­lichen Ein­fühlungs­ver­mögen, mit dem sie nicht nur Zeit­strömun­gen und gesell­schaft­liche Veränder­ungen auf­spürt, sondern daraus inno­vative, zeit­ge­mäße Formen kreiert. Zeit­ge­mäße Formen, die durch Sanders ge­stalter­ische Klar­heit gleicher­maßen zeit­los bleiben. Diese gestalter­ische Klar­heit und Sanders Liebe zum Under­state­ment haben unsere Vor­stell­ungen von Schön­heit und Identi­tät revolu­tio­niert. Trotz dieser pro­gres­siven Wirk­ung, die Sanders Mode ins­beson­dere auf die Rolle der Frau hatte, blieb sie ihren Prin­zipien der klaren Linie, der Har­mo­nie, der durch­dachten Drei­dimensio­nali­tät und einer dynam­ischen, mühe­loser Ele­ganz konstant treu. 

Ausstellung „Jil Sander. Präsens“ im Museum Angewandte Kunst, Frankfurt am Main, 2017, Bild © Paul Warchol

Dabei bleibt Jil Sander in ihrem Schaffen stets im „Präsens“, wie ihre von Matthias Wagner K kuratierte Einzel­aus­stell­ung 2017 im Museum Ange­wandte Kunst Frank­furt betitelt wurde. Denn heute, da wir uns als globale Gesell­schaften kollek­tiv gegen die ver­heeren­den öko­lo­gischen und sozialen Folgen von Fast Fashion stemmen müssen, mahnt uns eine Ge­stalter­in wie Jil Sander zu einer Halt­ung, die für sie schon immer selbst­ver­ständ­lich war. Es macht einen Unter­schied, welche Materi­alien wir ver­wenden, wo und auf welche Art wir produ­zieren und wie lang­lebig unsere Gestalt­ungen schluss­end­lich sind. Für Jil Sander, die sich auch leiden­schaft­lich der Garten­kunst ver­­schrieben hat, war dies immer schon instink­tiv klar. Schließ­lich geht es ihr in der Mode um die Inte­grität einer ganzen Person, die unter­stützt, ge­stärkt und ge­pflegt werden muss.