NACHRUF

Veröffentlicht am 04.08.2025

Als ge­bür­ti­ger Wie­ner hat Lo Brei­er WIE­NER ge­stal­tet. Er präg­te als Art Di­rec­tor ei­ne neue Ge­ne­ra­ti­on von Ma­ga­zi­nen: mit un­ge­wöhn­lich mar­kan­ter Ty­po­gra­fie, ein­drucks­vol­ler Bild­spra­che und – bis da­hin un­denk­bar – un­be­spiel­ten Flä­chen. Ein neu­es Gen­re ent­stand mit der par­al­le­len Wand­lung des Jour­na­lis­mus: Zeit­geist­ma­ga­zi­ne. Mit TEM­PO fiel auch ein wei­te­res Ma­ga­zin, das Lo Brei­er ge­stal­te­te und der Jour­na­list Mar­kus Peichl schrieb, in die­se be­son­de­re Zeit in­mit­ten der Ach­zi­ger Jah­re. Es war die Ant­wort auf The Face, i-D und In­ter­view und er­fand die (Le­se-)Kul­tur jun­ger Er­wach­se­ner neu. Viel zu früh ist Lo Brei­er jetzt im Al­ter von 72 Jah­ren ge­gan­gen.

© Antonina Gern

Lo Brei­er kam nach Ham­burg, um mit dem Jour­na­lis­ten Mar­kus Peichl an TEM­PO zu ar­bei­ten. Und er grün­de­te An­fang der Neun­zi­ger Jah­re Bü­ro X, ge­mein­sam mit Han­no Ti­et­gens. Im Kon­trast zu den Wer­be­agen­tu­ren die­ser Zeit ent­stand ein Bü­ro, das nicht zu­letzt auf­grund sei­ner Kom­bi­na­ti­on aus den da­mals eher un­ver­ein­ba­ren Be­rei­chen De­sign und Kon­zept sei­nes­glei­chen such­te. Heu­te wür­de man sa­gen: fast ei­ne Art Mel­ting Pot – ein Zu­sam­men­spiel ös­ter­rei­chi­scher, deut­scher und schwei­zer Men­ta­li­tät. Manche Tex­ter wa­ren von Haus aus Jour­na­lis­ten, Art Di­rek­to­ren für Kam­pa­gnen ur­sprüng­lich die von Ma­ga­zi­nen. Dar­in grün­de­te die un­ver­wech­sel­ba­re At­mo­sphä­re, die die Ent­wick­lung von au­ßer­ge­wöhn­li­chen Pro­jek­ten aus der ge­stal­te­ri­schen Fe­der von Lo Brei­er be­flü­gel­te. Ge­mein­sam mit Ne­vil­le Bro­dy, der das Lo­go ent­warf, ent­wi­ckel­te Lo Brei­er mit sei­nem Ge­stal­ter­team DIE WO­CHE. Re­vo­lu­tio­när, denn sie war die ers­te Zei­tung, die vier­far­big auf Zei­tungs­pa­pier ge­druckt wur­de. »Fly­ing hor­se is much bet­ter.«

Als le­gen­dä­rer Ge­stal­ter war Lo Brei­er im­mer auf der Su­che nach dem Un­ge­wöhn­li­chen, dem Neu­en – und wir wa­ren mit ihm ver­bun­den, durch das, was uns an­trieb. An­ge­zo­gen von Lo Brei­ers zu­rück­hal­ten­der und doch in­ten­si­ver Prä­senz.

Kurz nach der Grün­dung des Bü­ro X in Ham­burg grün­de­te er mit An­dre­as Mie­da­ner und Flo­ri­an Fos­sel Bü­ro X Wien. Und pen­del­te fort­an zwi­schen den doch recht un­ter­schied­li­chen Städ­ten von Nord nach Süd. Die Pro­jek­te be­weg­ten sich ne­ben Edi­to­ri­al De­sign von Ma­ga­zi­nen und Zei­tun­gen auch im Be­reich Cor­po­ra­te De­sign, wie zum Bei­spiel dem her­aus­ra­gen­den Er­schei­nungs­bild der Do­cu­men­ta 10 mit Pla­ka­ten und Gui­de, das Lo Brei­er eben­falls am Her­zen lag. Nen­nen könn­te man hier vie­le be­kann­te, sicht­bar ge­wor­de­ne Pro­jek­te. Doch Lo Brei­er war un­ei­tel. Spä­ter grün­de­te Lo Brei­er die P. Agen­tur für Mar­ken­ge­stal­tung und war Krea­tiv­part­ner bei Blu­etan­go in Wien. Er wur­de Pro­fes­sor für Cor­po­ra­te De­sign an der Uni­ver­si­tät Duis­burg-Es­sen und Pro­fes­sor für Edi­to­ri­al De­sign an der Folk­wang-Hoch­schu­le in Es­sen.

Lo Brei­er war »Krea­ti­ver Kopf, Netz­wer­ker, Mut­ma­cher, Freund – und für vie­le: der Grund, war­um et­was über­haupt ins Rol­len kam«, sa­gen An­dre­as Mie­da­ner und Alex­an­der Wie­de­rin.

ge­dan­ken­split­ter.
ich bin vier­und­zwan­zig und ha­be seit kur­zem ei­nen schreib­tisch bei bü­ro x. es ist mei­ne ers­te stel­le, bü­ro x in auf­bruch­stim­mung. an mei­ner sei­te ein bü­ro x werk­zeug­kas­ten aus schwarz la­ckier­tem me­tall. lo ist auf dem weg von wien nach ham­burg. er ruft an und fragt, ob ich fünf gro­ße boards ge­stal­ten kön­ne. ei­nes mit ei­ner ge­zeich­ne­ten spi­ra­le, ei­nes mit ro­tem samt be­zo­gen, … es ist kei­ne fra­ge der zeit, denn die ist knapp. am nach­mit­tag ha­ben wir die prä­sen­ta­ti­on beim schau­spiel­haus ham­burg. ge­lernt ha­be ich zwei din­ge:
es geht um inhalt und idee.
es geht um haltung.
nein, eigentlich drei, denn:

»Es wird sich schon ausgehen.«
Lo Breier