NACHRUF

Ein Nachruf auf einen Architekten, Designer, Journalisten, Kuratoren von europäischem Rang.

Veröffentlicht am 13.02.21

Bild © Andrea Basile

Für die italienische Design­presse ist es ein Schock, für die Milaneser Stadt­­ge­sell­schaft ein trau­riges Thema. Am Morgen des 10. Februar 2021 verstarb Marco Romanelli, im Alter von nur 63 Jahren. Für den Deutschen Designer Club e.V. ist dies ein Grund zur inneren Einkehr, aber auch zur Dank­bar­keit. Dank­barkeit gegen­über einem viel­fachen Meister, der mit seiner Klar­heit und Strin­genz, seiner Stil­sicher­heit und seinem humanis­tischen Menschen­bild wie kaum ein zweiter in Europa für die Gesamt­heit unsere Branche stand.

Als ich Anfang der 90er vom energischen Fritz Straub beauf­tragt wurde, einen Strategie­work­shop zum Neustart der Deutschen Werk­stätten Dresden-Hellerau durch­zu­führen, lud ich ganz selbst­ver­ständlich Marco ein. Simultan vom Ital­ienischen ins Deutsche gedol­metscht, konnten DDR-sozialisierte Hand­werker­­*innen, Werk­­statt­­meister­­*innen, und das neue Manage­ment, diesem pro­funden Kenner des globalen Design­marktes lauschen. Eine lang­fristig wirk­same Injek­tion italienischen Designwissens.

Worauf baute Marcos zukunfts­sicheres Urteil auf, seine Liebe zu Material, Design und Archi­tektur? Seit 1986 arbeitete der Team­player mit Marta Laudani (*1954) in Mailand und Rom zusammen. Es entstanden zahl­reiche Design-Entwürfe für Arflex, Driade, Fontana Arte, Laboratorio Pesaro, Montina, Oluce, Salviati, Cleto Munari, Valsecchi 1918, Up&Up, und viele andere. Die Innen­architek­turen von Marco und Marta wurden in inter­natio­nalen Zeit­schriften veröffent­licht. 2004 nahmen die beiden an der Archi­tektur­biennale Venedig teil.

Die gestalterische Arbeit ging Hand in Hand mit einer intensiven kritischen Reflexion der Themen Wohnen und Design. Zu seinen zahl­reichen Büchern gehören: „Gli spazi del cucinare 1928-1957“ von 1990 und „Aperto Vetro“ von 2000 sowie Mono­grafien über Giò Ponti, Bruno Munari, Joe Colombo, Antonia Astori, unter anderen. Er war von 1986 bis 1994 Redakteur der Zeitschrift DOMUS und von 1995 bis 2007 von Abitare. Als Kurator schenkte er uns vor­bild­liche anthologische Aus­stellungen.

Marco war ein treuer, konse­quenter Mensch. Dreißig Jahre lang teilte er sein Atelier in der Via Cara­vaggio – eine Gestalter- und Gelehrten­klause voller Büchern, Skizzen und Modelle – mit dem Art Director Giuseppe Basile.

Marcos freundliche, doch ent­schiedene Haltung, seine Krea­tivität und seine Produk­tivi­tät werden uns ein Vorbild bleiben. Er ruhe in Frieden.