NACHRUF
Ein Nachruf auf einen Architekten, Designer, Journalisten, Kuratoren von europäischem Rang.
Für die italienische Designpresse ist es ein Schock, für die Milaneser Stadtgesellschaft ein trauriges Thema. Am Morgen des 10. Februar 2021 verstarb Marco Romanelli, im Alter von nur 63 Jahren. Für den Deutschen Designer Club e.V. ist dies ein Grund zur inneren Einkehr, aber auch zur Dankbarkeit. Dankbarkeit gegenüber einem vielfachen Meister, der mit seiner Klarheit und Stringenz, seiner Stilsicherheit und seinem humanistischen Menschenbild wie kaum ein zweiter in Europa für die Gesamtheit unsere Branche stand.
Als ich Anfang der 90er vom energischen Fritz Straub beauftragt wurde, einen Strategieworkshop zum Neustart der Deutschen Werkstätten Dresden-Hellerau durchzuführen, lud ich ganz selbstverständlich Marco ein. Simultan vom Italienischen ins Deutsche gedolmetscht, konnten DDR-sozialisierte Handwerker*innen, Werkstattmeister*innen, und das neue Management, diesem profunden Kenner des globalen Designmarktes lauschen. Eine langfristig wirksame Injektion italienischen Designwissens.
Worauf baute Marcos zukunftssicheres Urteil auf, seine Liebe zu Material, Design und Architektur? Seit 1986 arbeitete der Teamplayer mit Marta Laudani (*1954) in Mailand und Rom zusammen. Es entstanden zahlreiche Design-Entwürfe für Arflex, Driade, Fontana Arte, Laboratorio Pesaro, Montina, Oluce, Salviati, Cleto Munari, Valsecchi 1918, Up&Up, und viele andere. Die Innenarchitekturen von Marco und Marta wurden in internationalen Zeitschriften veröffentlicht. 2004 nahmen die beiden an der Architekturbiennale Venedig teil.
Die gestalterische Arbeit ging Hand in Hand mit einer intensiven kritischen Reflexion der Themen Wohnen und Design. Zu seinen zahlreichen Büchern gehören: „Gli spazi del cucinare 1928-1957“ von 1990 und „Aperto Vetro“ von 2000 sowie Monografien über Giò Ponti, Bruno Munari, Joe Colombo, Antonia Astori, unter anderen. Er war von 1986 bis 1994 Redakteur der Zeitschrift DOMUS und von 1995 bis 2007 von Abitare. Als Kurator schenkte er uns vorbildliche anthologische Ausstellungen.
Marco war ein treuer, konsequenter Mensch. Dreißig Jahre lang teilte er sein Atelier in der Via Caravaggio – eine Gestalter- und Gelehrtenklause voller Büchern, Skizzen und Modelle – mit dem Art Director Giuseppe Basile.
Marcos freundliche, doch entschiedene Haltung, seine Kreativität und seine Produktivität werden uns ein Vorbild bleiben. Er ruhe in Frieden.